„Nachhaltigkeit darf kein Lippenbekenntnis sein“
ISG: Iris, der „ISG Sustainable Buildings Monitor“ ist eine sehr ambitionierte Studie mit einer klaren Aussage zum sofortigen Handeln. Wie kam es zu dieser Initiative?
Wolke-Haupt: Bei ISG sehen wir es als unsere Pflicht an, einen aktiven Beitrag zu den Herausforderungen unserer Zeit zu leisten und Verantwortung zu übernehmen für das Erbe, das wir übernommen haben und sorgsam weitergeben möchten. Beim Begriff „Herausforderung“ denken wir zwar aktuell noch an die Corona-Pandemie, aber nachhaltiges und ressourcenschonendes Wirtschaften muss weiterhin höchste Priorität genießen. Hier müssen wir handeln: schnell, entschlossen und gemeinsam. Genauso haben wir in der internationalen Gemeinschaft auch sehr rasch Impfstoffe gegen das Corona-Virus entwickeln können, mit denen wir zahlreiche Menschenleben retten konnten. Ich sehe hier eine Blaupause für eine gebündelte Strategie zur Durchsetzung der Klimaziele. Denn 25 Prozent der globalen CO-Emissionen stammen aus Gebäuden. Als Bau- und Immobilienwirtschaft fällt uns daher eine herausragende Rolle als Klimaretter zu.
ISG: Wir stehen hierbei vor einer Aufgabe, die noch Generationen beschäftigen wird. Wo sollten wir anfangen?
Wolke-Haupt: Wie immer steht eine Bestandsaufnahme am Beginn aller Projekte. Genau dies leisten wir mit unserem „Sustainable Buildings Monitor“. Sowohl beim Energieverbrauch als auch bei den CO2-Emissionen zählt der deutsche Gewerbeimmobiliensektor nicht zur Spitze. Warum? Zum einen haben wir einen immer noch zu großen unsanierten Bestand im Bürosektor. Bei einem Modernisierungszyklus von maximal 30 Jahren sind zahlreiche Eigentümer jetzt dazu aufgerufen, ihren Bestand energetisch und technologisch aufzurüsten. Wenn wir uns kontinuierlich der Bestandssanierung widmen und neue Gebäude konsequent zertifizieren, wird eine Generation für den Nachhaltigkeitsprozess der Gewerbeimmobilien in Deutschland ausreichen.
ISG: Lässt denn die aktuelle Datenlage ein rasches Handeln zu?
Wolke-Haupt: Genau das ist leider nicht der Fall. Wir mussten unsere Daten zum „Sustainable Buildings Monitor“ aus diversen staatlichen Quellen und privatwirtschaftlichen Studien zusammensuchen. Mit einheitlichen Datenstandards und einer generellen Datentransparenz würden wir bereits einen großen Schritt weiter sein. Daher spielt Sensorik bei unseren Ausbau-und Refurbishment-Projekten eine solch zentrale Rolle. Wünschenswert wäre darüber hinaus auch eine Transparenz auf Mieterseite, beispielsweise zur zeitlichen und personellen Belegung der Flächen. Die immer mehr aufkommenden „Green Leases“ als Anreiz für ökologisch nachhaltiges Mieterverhalten leisten hierbei einen wichtigen Beitrag.
ISG: Was leistet ISG auf dem Weg zu einem nachhaltigen Gebäudesektor?
Wolke-Haupt: Bis 2030 streben wir im gesamten Konzern CO2-Neutralität an. Wir helfen unseren Kunden dabei, Gebäude unter möglichst geringem Kohlenstoffdioxid-Ausstoß zu errichten – zum Beispiel über die konsequente Verwendung lokaler Baumaterialien. Unsere Projekte durchlaufen zudem ein Nachhaltigkeits-Monitoring, um Best Practices auch intern zu ermitteln und eigene Qualitätsstandards zu definieren.
ISG: Wie sieht Deine Einschätzung für die kommenden Jahre aus?
Wolke-Haupt: Es muss für uns alle erklärtes Ziel sein, die Erhaltung der Umwelt und Klimaschutz ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Initiativen aus der Bau- und Immobilienwirtschaft machen mir Mut auf diesem Weg, dass auch diese Branche sich ihrer Verantwortung bewusst ist. Es darf eben nicht immer der Gesetzgeber sein, der den Druck ausübt, sondern die Branche selbst muss ehrgeizige Ziele entwickeln. Nachhaltigkeit kann und darf kein Lippenbekenntnis sein. Ich freue mich, dass wir als ISG unsere Erfahrungen und Kompetenzen hierbei in vorderster Linie einbringen können.